Es ist nun schon ein paar Tage her, dass wir in unserer Familie einen 70. Geburtstag zu feiern hatten. Sowohl vorweg als auch jetzt haben mich viele Gedanken begleitet. 70 ist nun mal keine kleine Zahl und sie hat sicherlich viel zu erzählen.

Die Einladung schmückten ein paar Bilder aus der Zeit von früher und heute, verbunden mit seinem Hobby, was ein Merkmal seiner Person ist. Man schaut sich die Fotos an und fragt sich schon da, was dieser Mensch wohl in 70 Jahren alles erlebt haben muss.
Was kenne ich von ihm, was kennen meine Kinder von ihm? Nun, da wir spät in die Familie eingeheiratet haben, kann man auch vielleicht nicht alles wissen. Aber ich erinnere mich daran, dass ich auch von meiner Mutter nicht viel wusste. Ich weiß, was sie beruflich gemacht haben, wo der Heimatort war oder ist, welche Hobbys sie haben, und dann wird es ganz dünn. Ich könnte da ins unermessliche ausholen. Angefangen davon wie sie ihren Partner kennengelernt haben bis über die Erlebnisse in der Kriegszeit, wie sie die Entwicklung bis heute empfinden, ob sie mal Hunger leiden mussten, ob sie immer an die Liebe geglaubt haben, usw…. Ich kenne z. B. nicht mal meine Großeltern, die auch zur Lebensgeschichte eines 70-jährigen dazu gehören. Wie sind sie aufgewachsen? Wie war die Verbindung zwischen Kindern und Eltern damals?

Ich bin jetzt gute 50 Jahre alt und irgendwie so mitten drin im Leben. Mit größter Wahrscheinlichkeit habe ich mehr als die Hälfte schon hinter mir. Und wenn ich zurückblicke, habe ich viele Stationen durchlebt. Die meisten dieser Stationen habe ich bereits niedergeschrieben, weil ich nicht möchte, dass meine Kinder hinterher mal sagen, sie hätten mich nicht gekannt. Man kann nicht zu jeder Zeit und immer darüber reden. Und sicherlich gibt es auch die kleinen Geheimnisse, die man mit ins Grab nimmt, weil sie nichts und niemanden etwas angehen, aber ich finde es wichtig, dass man die ein oder andere Handlungsweise vielleicht nachvollziehen kann. Man gibt viele Ratschläge und manchmal kommen so alte Weisheiten auf den Tisch, die eigentlich niemand mehr sagen, geschweige denn hören möchte. Sie sind aber aus meiner Kindheit von der Generation der heute 70-jährigen und gehören zu unserem Sein ein Stück weit dazu. Wer meinen Blog verfolgt, kennt auch ein Teil aus meiner Lebensgeschichte. Zweimal verheiratet, Kinder, beruflich verschiedene Wege gegangen, usw…

Welche berufliche Schwierigkeiten mussten unsere Eltern durchleben? Gab es genügend Arbeitsplätze und wie waren die Bedingungen? Hat man in der Ehe einfach durchgehalten, weil es früher nicht sittlich war sich zu trennen? Oder waren die Rahmenbedingungen so schlecht, dass man sich hinten dran stellte? Oder hat man Liebe da noch ganz anders leben und erleben können? Was wurde anders in die Waagschale gelegt als heute? Hätten sie sich manchmal mehr Luxus gewünscht?
Was lege ich als gut 50-jährige in die Waagschale und wie gehe ich damit um? Mir ist es nicht mehr so wichtig, was andere denken. Als ich in diese Familie kam, hatte ich ein Stück weit das Gefühl, familiäre Heimat zu finden. Ich hatte schon Sorge, dass mein Mann einen schweren Weg haben würde, als er plötzlich mit einer Frau und vier Kindern vor der Tür stand. Das legte sich sehr schnell und meine Kinder betrachten die Eltern meines Mannes als deren Oma & Opa. Manchmal suche ich noch meinem Stand in der Familie, was aber daran liegen könnte, dass ich unsicher bin. Wahrscheinlich müsste ich es nicht mal sein, und vielleicht ist es auch nur ein Gespräch, was alles klären würde, aber da kommt schon wieder diese Unsicherheit.

Ich erlebe meine Schwiegereltern als Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Sie hatten genauso ihre Höhen und Tiefen wie jeder andere von uns heute. Die Kinder sind groß und Enkelkinder gehen auch bei ihnen ein und aus. Auch Krankheiten hinterließen ihre Spuren und jetzt erhofft man sich, dass man noch möglichst lange gesund das Leben genießen kann. In einer denkwürdigen Zeit, wo man nicht so feiern kann, wie man es gerne hätte, aber dennoch so überrascht wurde, dass auch Tränen vor Rührung und Freude zu sehen waren, lässt einen spüren, dass man geliebt wird.
Somit sind doch letztendlich alle Bedürfnisse und Wünsche gedeckt. Es geht nicht so sehr darum, was wir in den unterschiedlichsten Generationen anders erleben und sich verändert hat. Es geht nicht so sehr darum, ob man biologisch aus dem selben Stammbaum kommt, sondern dass man sich familiär fühlt. Das man sich im Herzen angekommen fühlt und der älteren Generation mit Würde und Respekt entgegen kommt.

Wenn wir mehr wissen wollen aus dem Leben dieser Generation, dann müssen wir uns auf den Weg machen und uns Zeit für Gespräche nehmen. Zum 70.Geburtstag gab es von uns ein Buch: „Opa erzähl mal“ . Ein Buch zum Ausfüllen mit Erlebnissen aus der Vergangenheit, verschönert mit Bildern von damals und kleinen Geschichten. Ich bin gespannt auf die Ausführungen.