Der Prozess
Es ist nun 3 Jahre her, als meine Kinder auf meinem Mann zugingen und ihn fragten, ob er sich vorstellen könnte, dass er sie alle adoptiert. Dem ging ein langer Prozess der Gedanken voraus. Sowas fragt man nicht mal einfach aus Lust und Laune raus, auch wenn die entscheidende Frage auf einem Schützenfest gestellt wurde. Es war keine Frage aus einer Bierlaune heraus. Nein! Es war eine Frage, die aus dem Herzen kam. Eine Frage und ein innigster Wunsch meiner vier Kinder, die sich lange mit den Gegebenheiten, die dazu führten, auseinandergesetzt haben.
Ich möchte dabei nicht zu sehr von den Einzelheiten schreiben, die dazu geführt haben, aber soviel kann ich sagen, dass man solche Entscheidungen nicht trifft, wenn alles in goldener Butter wäre. Es ist ein innerer Prozess, der über einen gewissen Zeitraum mit einem arbeitet. Wie lange der Prozess bei jedem einzelnen von Dauer war, kann ich nicht sagen, ist für mich aber nicht so relevant, weil das Ergebnis dieses Prozesses aus tiefer Überzeugung kam. Ein Satz aus dem Gerichtsprozess/ der Anhörung: „Er war bis heute für uns wie ein Vater und wir möchten ihm das auf diese Weise zurück geben.“

Von der Anfrage bis heute heute vergingen nun 3 Jahre. Ein Prozess des Informierens, des Wartens und der Spannung. Ich schrieb schon einmal davon, dass dies eine erwachsenen Adoption nach minderjährigem Recht sein sollte. Die Wurzeln mit allen Rechten und Verpflichtungen zum Kindsvater und dem dazugehörigen Verwandtschaftsverhältnis werden gekappt, wenn es so entschieden wird. Das war das Bestreben meiner Kinder!
Bevor irgendwas beurteilt wird, stellt euch bitte die Frage, was wohl geschehen sein muss, dass man diesen Schritt geht? Niemand ist in diesen Schuhen je gegangen. Viele Menschen haben größtenteils mitbekommen, was geschehen ist, aber verzeiht mir, wenn ich sage, dass auch diese Menschen nur erahnen können!
Zu dem Prozess gehörte es auch, dass man verschieden Unterlagen und Urkunden dem Familiengericht einreichen musste. Durch Corona dauerte dies natürlich alles viel länger. Für uns als Familie gab es viele Gespräche der Vergangenheitsbewältigung und glaubt mir, wenn ich nicht so wunderbare, tolle Kinder hätte, käme manches mal die Frage auf, was ich denen nur angetan habe, diesen Mann zu heiraten und mit ihm vier Kinder in die Welt zu setzen. Lasst es mich so sagen: ich habe irgendwann die Reißleine gezogen und das war ich meinen Kindern schuldig. Vielleicht hätte ich es eher tun sollen, aber in solchen Dingen, muss die Erkenntnis reifen und mit einem konform gehen. Ich weiß, dass ich mir diese Entscheidung damals nicht leicht gemacht habe und dennoch war es die einzig Richtige. Auch dazu gab es schon Beiträge von mir.
Der Prozess der Vergangenheitsbewältigung ist länger und meist ein nie endender Prozess. Manchmal glaubt man, dass man alles verarbeitet hat und dann kommt eine Situation im Leben hoch und bäm, schon liegt alles wieder auf dem Präsentierteller. Gerade dann ist es wichtig, symbolisch und aus voller innerer Überzeugung einen Strich unter solche Sequenzen zu setzen. Sie helfen einem dabei, zu wissen wo man hin gehört und wer einem den Rücken stärkt. Familie heißt bei weitem nicht, dass sie biologischer Herkunft sein muss. Familie bedeutet sehr sehr viel mehr! Was kann es für ein schöneres Zeichen geben, wenn meine Kinder sagen: „Du bist unser Papa- du bist unsere Familie!“

Vor zwei Wochen nun ging der Prozess im Gericht los. Zur Anhörung wurden die Kinder und der anzunehmende Vater geladen. Der Kindsvater wurde vorab schriftlich angehört und was soll ich sagen: er hat dem zugestimmt! Im Sitzungssaal wurden alle einzeln angehört. Es liefen Tränen aber es wurde auch gelacht. Und wieder wurde man mit der Vergangenheit unweigerlich konfrontiert. Der Richterin schien das sehr nahe zu gehen. Jedes einzelne Wort wurde mitgeschrieben und nach einer knappen Std konnte das Gericht verlassen werden, mit den Worten, dass wir in den nächsten zwei Wochen davon hören werden. Tränen der Erleichterung und des hohen Drucks, Tränen der Vergangenheit und Tränen für die hoffentlich gut bevorstehende Zukunft. So gingen wir gemeinsam nach Hause und ließen den Tag zusammen ausklingen.
Gestern nun die erlösende Antwort: Das Gericht hat entschieden, der Erwachsenenadoption nach minderjährigem Recht in allen vier Fällen zuzustimmen! Ein Schrei der Erlösung, Tränen der Erleichterung und endlich das Gefühl da zu sein, wo man hingehört. Einfach angekommen zu sein. Es fühlt sich richtig an, es fühlt sich familiär an. Und auch wenn wir bis heute nichts anderes gelebt haben und es scheinbar ein nahtloser Übergang ist, so ist es dennoch eine gerichtliche Entscheidung, die ein besonderes Zeichen setzt um einen Prozess zu verabschieden! Das macht unglaublich viel mit uns Allen und der Name ist ein äußeres Zeichen voller Stolz und Familienzugehörigkeit!
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