Werte anders kennen- und schätzen lernen

Vier Wochen sind vergangen, seid meinem letzten Blogbeitrag. Vor vier Wochen schrieb ich meine ersten Gedanken zu Corona auf. Wie ist ist es mir ergangen seid dem und hat sich meine Meinung dazu geändert?

Fangen wir damit an, wie es mir ergangen ist. Da ich im Schulwesen tätig bin, war ich natürlich auch sehr schnell von der Kurzarbeit betroffen, was mich aber zu Beginn nicht störte, weil ich mich in dieser Entschleunigungsphase wohl gefühlt habe. Entschleunigt nicht nur im Berufsleben, sondern auch im Alltag. Viel weniger Autofahrten, weniger Hetzerei von einem Termin zum nächsten. Ein paar wenige Verpflichtungen blieben, aber ich konnte sie mit viel mehr Gelassenheit und Ruhe ausführen. Im Laufe der Zeit habe ich mir Onlineschulungen und Podcasts für die berufliche Weiterbildung zu meinem Eigen gemacht. Nach wie vor arbeite ich mir Dinge aus, die ich nach Corona beruflich umsetzen möchte. Es ist jetzt die Zeit, für mich das zu nutzen, was ich später umsetzen kann. Worauf soll ich warten? Wenn das Leben erst wieder seinen normalen Gang geht, dann wird die Zeit dafür nicht sein. JETZT kann ich Konzepte ausarbeiten und vorlegen. JETZT kann ich Ansätze und Dinge ausarbeiten, um sie fertig vorzulegen und etwas in Bewegung bringen kann. Soviel zum Beruflichen.

Ganz persönlich/ privat habe ich die Zeit genutzt um für mich ein Ziel zu erreichen. Schon vor Corona war mein Vorsatz, ein paar Kilos abzunehmen und etwas fitter zu werden. Aller zwei bis drei Tage begann ich wieder mit dem Laufen. Mit fachlicher Beratung startete ich schon im Februar die ersten wenigen Kilometer zu trainieren. Gleichzeitig verzichtete ich auf Süßigkeiten- was ich oft auch in der Fastenzeit mache- und setzte mich per App auf 1400 kcal runter. Mein Durchhaltevermögen sollte bis heute schon mit knapp 6 kg weniger auf der Waage belohnt werden und meine Zeiten im Laufen werden auch immer besser. Mit fast 8min/ pro km habe ich angefangen und liege inzwischen bei 6:38 / km. Auch die Längenstrecke kann schon mal bis zu 7km betragen. Fazit: Zeit bestens genutzt.

Natürlich habe ich auch die ein oder andere Ecke gründlicher geputzt. Dazu, wo man im beruflichen Alltag nicht immer kommt oder auch gar keine Lust hat. Aber Lust hatte ich jetzt auch nicht immer- da musste ich schon manchmal den inneren Schweinehund überwinden. Zum Alltag gehörte natürlich auch der Einkauf, um den man ja irgendwann nicht herum kommt. Und da bin ich definitiv an meine Grenzen gestoßen. Ja, manchmal hat es mir schlechte Laune bereitet und es rollten dann auch mal Tränen. Es lag nicht daran, dass ich das ein oder andere Lebensmittel nicht ergattern konnte, sondern ich hatte viel mehr meine Probleme mit den unterschiedlichen Vorgehensweisen. Der eine Markt stellt schwarze Trennwände zwischen den Kassen auf, der andere reicht dir nichts mehr an und wieder andere nahmen nicht mal Bargeld an. Später kam dann hinzu, dass man nur noch mit Einkaufswagen in die noch offenen Geschäfte durfte. Alles im einzelnen betrachtet macht es Sinn und verstehe ich, aber ich konnte damit so spontan sehr schwer umgehen. Es hat mich emotional belastet und ich brauchte etwas Zeit um damit anders umzugehen. Warum das so war, kann ich nicht erklären, aber ich war für jeden Tag dankbar, wo ich nicht in irgendein Geschäft musste.

Ein weiterer Punkt, der mir etwas zu schaffen machte, aber mit dem ich definitiv nicht alleine war, betrifft die fehlenden soziale Kontakte. Durch Corona wurde mir einmal mehr bestätigt, dass ich kein Mensch bin, der auf Dauer alleine leben kann. Ich hatte Gott sei Dank einen Teil meiner Familie bei mir, aber die Sehnsucht nach dem anderen Teil war/ ist groß. Wenn man die eigene Tochter nicht im Krankenhaus besuchen darf , ist das schon ein großer Einschnitt. Arbeitskollegen und Freunde schienen alle so weit weg und das machte auch ein Anruf oder Videotelefonie nicht wett. Ebenso hat es mir gefehlt, jemanden in den Arm zu nehmen, wenn es ihm gerade nicht gut ging. Diese Gesten unterstreichen gesagte Worte und tun dem Menschen neben dir und mir einfach gut.

Auch meine Kinder sind sehr unterschiedlich mit Quarantäne und Verboten umgegangen. Es hat lange gedauert, bis sich alle darauf einlassen konnten und verstanden haben, um was es tatsächlich geht. Erschwert wurde dieses auch durch die unterschiedlichen Handhabungen in deren Berufsfeldern.

Von Nachrichten und Sprüchen im Internet, ebenso von den verschiedenen Meinungen, ob nun mehr hinter Corona steckt, als wir alle wissen und ganz besonders von irgendwelchen Verschwörungstheroien, habe ich mich ganz schnell distanziert. Diese hätten mich sonst ziemlich weit nach unten gezogen. Fakt war, dass wir nichts ändern konnten und es unsere Pflicht war, sorgsam für sich und den Nächsten damit umzugehen.

Haben sich durch meine Erlebnisse nun meine Gedanken zum letzten Blog geändert? NEIN, keineswegs! Ich stehe nach wie vor zu den Gedanken, die ich vor vier Wochen schrieb. Auch wenn ich keine Fotos sortiert habe, keine Briefe geschrieben habe und auch der Keller immer noch genauso aussieht wie vor vier Wochen. Das zeigt mir aber auch, wie leer vielleicht mein Akku war. Die Gesundheit des Körpers zu erhalten ist mit das Wichtigste. Das habe ich bis heute geschafft und bin dafür dankbar. In sofern war es eine Auszeit. Wünsche bleiben immer offen: gerne hätte ich meinem Herzensmann auch ein wenig Entschleunigung gegönnt und somit auch mehr Zeit für uns als Partner. Wir hatten die freien und ruhigen Ostertage und die mussten reichen. Dafür musste er aber auch nicht in Kurzarbeit gehen, was uns sonst noch mehr zurückwerfen würde. Längst sehe ich nicht mehr alles als selbstverständlich und schaue genauer hin, was für wertvolle Momente es gibt. Wir haben uns viel erschaffen durch unserer Hände Arbeit, aber wenn es Situationen verlangen, sind nicht mehr alle Dinge greifbar. Und genau deswegen halte ich mich an Vorgaben und schätze die Dinge wert, die ich jetzt gerade in diesem Moment nutzen kann.

Der größte Moment wird sein, wenn wir mit unseren Herzensmenschen wieder Arm in Arm durch die Welt gehen können, wenn ich Menschen nicht mehr nur mit Worten trösten kann und mir dessen bewusst bin, wieviel mehr Wert dahinter steckt.

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